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BPM ist wie kochen - Teil 2: Top-Down oder Bottom-Up?

Via Axel-Schroeder.de • Axel Schröder
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In Teil eins haben wir die These aufgestellt, dass Prozessmanagement wie kochen ist. Wir hatten uns dabei vorgenommen das Rezept, wie man die leckeren Pfannkuchen macht, aufzuschreiben, damit sie immer gleich gut schmecken, egal wer sie kocht. Man muß sich nur an das Rezept halten.

Hier soll also der Prozess auf der untersten Ebene aufgeschrieben werden. Dieses Vorgehen nennt sich Bottom-Up.

Top-Down oder Bottom-Up beim Prozessmanagement

Top-Down oder Bottom-Up beim Prozessmanagement

Wenn wir uns zuerst überlegen, ob Pfannkuchen ein Hauptgericht oder eine Nachspeise sind und welche grundsätzlichen Kapitel unser zu erstellendes Kochbuch haben soll, dann entspricht das dem Top-Down Vorgehen.

Beim Top-Down Vorgehen im Prozessmanagement stellt man auf einer Prozesslandkarte die wesentlichen Hauptprozesse dar, die in weiteren Ebenen auf Teilprozesse, Prozessschritte und Aktivitäten zerlegt werden. Die Hauptprozesse sind damit die grundlegenden „Schubladen“, in die die anderen Prozessteile einsortiert werden.

Anschaulich bei unserem Kochbeispiel enthält unser Kochbuch als „Prozesslandkarte“ vielleicht Kapitel für Vorspeisen, Hauptgerichte und Nachtische oder eine feingliedrigere Unterteilung in die einzelnen Fleischsorten (Rind, Schwein, Geflügel, Lamm etc.) sowie in Beilagen und Gemüse.

Hier ist bei jedem Unternehmen individuell zu prüfen, welche Prozesslandkarte sinnvoll ist.

In den Prozesslandkarten wird noch zwischen den Kernprozessen und den Unterstützungsprozessen unterschieden. Bei den Kernprozessen handelt es sich um Prozesse, die eine Marktleistung für den (externen) Kunden bereitstellen. Bei den Unterstützungsprozessen wiederum handelt es sich um eine Leistung für die (internen) Kunden, die aber nicht extern an den Markt geht. 

Wie soll man jetzt vorgehen, Top-Down oder Bottom-Up?

Ausgangspunkt des Top-Down Ansatzes zur Prozessmodellierung ist die Geschäftsstrategie und das strategische Geschäftsprozessmanagement.

Die in der Unternehmensstrategie festgelegten Geschäftsfelder und Kundengruppen sind mit den Kundenanforderungen, dem Leistungsangebot und den Kernkompetenzen der Ausgangspunkt der Prozessidentifizierung.

Damit setzt der Top-Down Ansatz natürlich voraus, daß man sich über diese Dinge im Klaren ist.  Wenn man in unserem Kochbeispiel nur „den Hunger stillen will“, könnte es auch anstatt um das selbst koch auch nur um das Essen gehen. Das Esen würde eine völlig andere Strategie verlangen, als wenn man sich selbst Pfannkuchen macht. Als Unternehmer muss man also wissen, welchen grundsätzlichen Weg man einschlagen möchte, damit die richtigen Prozesse im Unternehmen etabliert werden und alte, ausgediente Prozesse entsorgt werden.

Der Bottom-Up Ansatz geht von den bestehenden Funktionen und Aktivitäten auf der untersten Prozessebene aus, eben wirklich dem Pfannkuchen backen. Diese Aktivitäten werden nach ablauf-, informations-, oder kostenrechnungstechnischen Gründen zu Teil- und Geschäftsprozessen gebündelt. Nachteilig an diesem Vorgehen ist, dass keine Entwicklung aus der Strategie heraus gemacht wird, sondern nur der derzeitige Ist-Zustand dokumentiert wird.

Man läuft damit Gefahr, den derzeitigen, suboptimalen Zustand weiter in die Zukunft zu tragen und die Ausrichtung der Geschäftsprozesse an der Strategie zu übersehen.

Beim Kochbeispiel könnte die Strategie sein, jeden Tag eine ausgewogene Mittagsmahlzeit mit gesunden, frischen Zutaten und drei Gängen (Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch) selbst zuzubereiten.

Das ist ein völlig anderes Vorgehen als „ich backe Pfannkuchen weil sie lecker sind, schnell gemacht sind und ich JETZT gerade Hunger habe“.

Der große Vorteil des Bottom-Up Ansatzes sind die anfangs schneller greifbaren Ergebnisse. Wer also in einem Prozessprojekt schnell ein paar Verbesserungen „herbeizaubern“ muss um das Projekt an sich zu rechtfertigen, der sollte Bottom-Up arbeiten. Wie bereits angedeutet, werden mit dem reinen Bottom-Up Ansatz revolutionäre Verbesserungen der Prozessleistung jedoch nicht möglich sein. Man verschenkt viel Potential.

Meine Erfahrung aus Prozessprojekten:

Ich persönlich führe im meinen Prozessprojekten eine „Mischform“ aus Top-Down und Bottom-Up durch.

Ich versuche immer zuerst die großen Schubladen, also eine Prozesslandkarte auf die Beine zu stellen und frage dann nach dem Prozess(-schritt), bei dem es die meisten Probleme gibt. So kann man den Prozess gleich richtig in die Prozesslandkarte einordnen und erhält relativ schnell greifbare Verbesserungen.

Einigermaßen Klarheit über die Produkte, die Kunden und die Strategie des Unternehmen sind allerdings nötige Voraussetzungen, um so vorgehen zu können. 

Zusammenfassung des zweiten Teils „Prozessmanagement ist wie Kochen…“

  • Es gibt zwei grundlegend unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Identifizierung von Geschäftsprozessen
  • Der Top-Down Ansatz hat den großen Vorteil der Verknüpfung mit der Geschäftsstrategie
  • Der Bottom-Up Ansatz zeigt schneller „praktische Verbesserungen“, auch wenn er insgesamt langwieriger ist
  • In der Praxis hat sich eine Mischform aus Top-Down und Bottom-Up am besten bewährt.
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Kuratiert
am 02.06.2015 von
Kim Heinz

Top-Down oder Bottom-Up: Axel Schröder erklärt, wie man sein Prozesse am besten dokumentiert.

Dipl. Kaufmann Axel Schröder studierte Rechtswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Bayreuth, Wien und Hagen. Er ist nicht nur ein erfolgreicher BPM-Blogger, sondern auch Unternehmer und Unternehmensberater für Kleinunternehmen. Zudem ist das oberfränkische Urgewächs aus Bayreuth sehr heimatverbunden, obwohl er den Wassersport und die kroatische Küste liebt.

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